Die Geschichte der Austin Motor Company

Der Name Austin stand einmal für den grössten britischen Automobilhersteller. Herbert Austin, der spätere Lord Austin, gründete 1905 in Longbridge bei Birmingham sein eigenes Unternehmen. Zuvor war Austin über Jahre Direktor bei Wolseley Tool & Motor Car Co. einer der ältesten britischen Automobilfirmen. Bei Wolseley lag sein Interesse auf horizontal eingebauten Drei- und Vierzylinder-Motoren.

1906 stellte Austin sein erstes Auto vor, mit konventioneller Bauart und – interessanterweise – mit senkrecht eingebautem 5-Liter-Motor. Dieser besass einzeln gegossene Zylinder, links und rechts stehende Einlass- und Auslassventile und damit zwei untenliegende Nockenwellen. Es folgten weitere Modelle mit Ketten- oder Kardanantrieb. Bis zum ersten Weltkrieg produzierte Austin eine ganze Reihe grösserer Automobile mit 30, 40, 50 und 60 h.p. Austin wurde zum Konkurrenten von anderen berühmten Firmen wie Daimler und Wolseley. Den Erfolg brachten der Firma Austin aber die 10, 15, 18 und 20 h.p.-Modelle in den Jahren 1911 bis 1914. Sie besassen unterschiedlich grosse seitengesteuerte Motoren und zeichne-ten sich alle durch hohe Qualität aus.

In den zwanziger Jahren setzten sich die neuen Modelle 12 und 20 h.p. durch. Beide hatten seitengesteuerte Vierzylinder-Motoren, der erstere mit 1600 ccm, der zweite mit 3600 ccm.

Nach dem Krieg nahm in der Bevölkerung der Wunsch nach Mobilität rasant zu. Und genau die breite Bevölkerung hatte die Firma Austin im Visier, als sie 1922 den Seven lancierte. Entworfen wurde der Seven im Privathaus von Sir Herbert vom jungen Zeichner Stanley Edge. Ein richtiges Auto, angetrieben von einem seitengesteuerten Vierzylindermotor von 747 ccm Inhalt. Er besass Vierradbremse, bot vier Personen Platz und erreichte eine ausreichende Geschwindigkeit. Bis 1939 entstanden mehr als 300 000 Seven. Kontinuierlich weiterentwickelt und mit Lizenzproduktionen als BMW Dixi in Deutschland, als Rosengart in Frankreich und als Bantam in den USA wurde der Seven zum Kultauto. Mitte der dreissiger Jahre bot Austin eine abgerundete Modellpalette an, mit seitengesteuerten Vier- und Sechzylindermotoren. Unter anderem den Ten (1125 ccm) und den Light Twelve (1535 ccm), die bis 1947 produziert wurden. 1939 war das beste Produktionsjahr mit 89 000 abgesetzten Autos. Im gleichen Jahr ersetzte der Eight den berühmten Seven.

Noch in den 30er Jahren beute Austin sehr traditionell, dafür günstig. Andere Firmen setzten schon auf Einzelradaufhängung und ohc-Motoren sowie hydraulische Bremsen. Austin kannte nur mechanische Bremsen, seitengesteuerte Motoren und Starrachsen mit Blattfedern.

Len Lord, rechte Hand und Nachfolger von Lord Austin, schaffte den Anschluss an die Zu-kunft. Nach dem Zweiten Weltkrieg brachte Austin gänzlich neue, zeitgemässe Modelle auf den Markt: A40 Devon und A40 Dorset mit neuentwickelten Vierzylinder-ohv-Motoren von 12000 ccm, und den A70 Hampshire mit deinem Sechzylinder-ohv-Motor von 2199 ccm. Damit verfügten die Firma Austin über die modernsten Familienlimousinen nach dem Krieg. Gleichzeitig stieg Austin wieder in den luxuriösen Limousinen-Markt ein, mit dem Sheerline und dem Princess, die beide über 3,5 Liter-Sechzylinder-Motoren verfügten. In diesen Mo-dellen verwendete Austin erstmals Vorderad-Einzelaufhängung.

Der A90 von 1949, eine Sportlimousine ausgerichtet auf den amerikanischen Markt, besass den 2,6-Liter-ohv-motor, den gleichen Motor, wie er auch in den ersten Austin-Healey ver-wendet wurde.

1952 räumte Austin und Morris ihre alten Rivalitäten aus dem Weg und fusionierten zur British Motor Corporation (BMC) – und wurden zu einem der führenden Automobilunterneh-men weltweit. Im gleichen Jahr lancierte Austin den A30 Seven, ein Kleinwagen mit neuem 803 ccm-ohv-Motor. Eingesetzt wurde dieses Aggregat bald im ganzen BMC-Konzern in diversen Modellen, z.B. auch im Morris Minor. 1954 erschienen der A40 und A50 Cambridge als Vierzylinder-Limousine von 1200 resp. 1489 ccm und der Westminster mit Sechzylinder-Motor (2600 ccm).

Mitte der 50er Jahre liess Austin die neuen Modelle beim Turiner Designer Pinin Farina entwerfen. 1958 erschien der A40 Farina, eine zweitürige Limousine mit steilem Kombi-Heck. 1959 erhielten auch die andern BMC-Mittelklassmodelle eine Karosserie von Farina, neben Austin auch jene Morris, MG, Wolseley und Riley. Dies führte auch zu einer Modell-vielfalt, die sich eigentlich nur durch das Signet unterschied.

Einen weiteren grossen Wurf landete Austin 1959, als die Firma den Austin Seven, besser als Austin Mini, auf den Markt brachte. Das Konzept stammte von Chef-Designer Alec Issigonis, der Motor mit integriertem Getriebe quer vor der Vorderachse einbaute. Damit revolutioniere er den gesamten Automobilbau.

1963 folgte der Austin 1100 mit Hydrolastic-Federung, eine Limousine mit Frontantrieb und Quermotor, das Schwestermodell zum Morris 1100. Bereits ein Jahr später erschien der grössere 1800 nach dem gleichen Baumuster. 1972 erhielt dieser eine Sechzylinderversion zu Seite gestellt, den 2200. Als Basis für das Antriebsaggregat diente der völlig neu entwik-kelte ohc-Motor der Maxi-Reihe. Als fünftürige Familienlimousine, ausreichend motorisiert und mit einem Fünfganggetriebe matte der Maxi eine recht grosse Anhängerschaft. Weniger erfolgreich war der kleinere Bruder, der Allegro, der die Nachfolge des 1100/1300 antrat.

1968 wurde BMC von Leyland übernommen. Von nun an nannten sich das Unternehmen British Leyland. Es begann eine schwierige Dekade für alle alten Konzernmarken, auch für Austin. 1975 wurde Leyland verstaatlicht.

Sie sollten 1975 die alten 1800/2200 ersetzen – die Modelle Princess und Ambassador. Viel Innenraum und luxuriöse Details halfen nicht, die missratene Karosserie-Form wett zu machen. Front und Heck stammten aus unterschiedlichen Federn. 1980 kam der Metro auf den Markt, ein kompakter Kleinwagen mit Hecktüre. Zuerst als Nachfolger des Mini gedacht, etablierte er sich bald als eigenständiges Modell. Der Metro half mit, durch zahlreiche Ex-porte nach Frankreich, Italien und Deutschland das Image von englischen Autos zu verbessern. 1983 lancierte Austin den Maestro. Sicher eines der besten Fahrzeuge aus dem Hause Austin seit Jahren. Das Getriebe war hinter dem Motorblock befestigt und brach somit mit einer Tradition seit der Mini-Aera. Zudem stammten Vier- und Fünfgang-Getriebe von VW. Das letztere neue Modell, das den Namen Austin trug, war der 1984 lancierte Montego. Diese gut proportionierte viertürige Familienlimousine hatte Getriebe von VW oder Honda.

Als Michal Edwards 1977 das Steuer als Direktor übernahm, rigorose Sparmassnahmen einleitete sowie sich gegen den Zerfall durch Streiks wehrte, verbesserte sich die Situation. Zusammen mit Herold Musgrove leitete er Leyland über zur Austin Rover Group. Graham Day, ihr Nachfolger wiederum konzentrierte sich auf drei Marken – Austin, MG, und Rover. Alle andern vielen dem Rotstift zum Opfer.
Bald war klar, dass nur der Name Rover mit seinem up-market Image überlebensfähig war. Der Name Austin verschwand 1987 langsam und diskret von den neuen Modellen und wurde durch ein Rover-Logo ersetzt. So wurde die Metro-Reihe zum Rover 100 und mit der Einführung der neuen Rover 200/400 wir klar, dass Maestro und Montego am auslaufen waren. Heute trägt die alte ehrwürdige Longbridge-Fabrik das Rover Signet.